THROUGH THE
LOOKING GLASS
US AND CHINA
How do investors navigate
a world in which is
and is ?
Die Weltwirtschaftsordnung scheint Kopf zu stehen, auf alte Gewissheiten ist kein Verlass mehr. Angeblich unvermeidliche Rezessionen lassen auf sich warten. Länder, die vor einem Boom zu stehen scheinen, rutschen in die Krise. Wachstums-Champions werden zu Nachzüglern.
Die Weltwirtschaft gleicht heute einem Gemälde aus der absurden Welt eines M.C. Escher, in dem Figuren geometrisch unmögliche Treppen hinauf- und zugleich hinuntersteigen, ohne zu wissen, wohin das alles führt. Kaum kommen Anleger zum Schluss, dass der Weg in eine Richtung führt, geht es schon in die Gegenrichtung.
Um dieses Universum von Marktparadoxien und Rätseln zu verstehen, müssen sich Anleger vor allem mit den USA und China auseinandersetzen, den beiden Paradebeispielen unserer neuen, verdrehten Realität – und mit der sich dramatisch verändernden Dynamik zwischen den beiden Ländern.
In den USA verblüfft die Stärke des Konsums weiterhin die Analysten; der amerikanische Verbraucher treibt die wirtschaftliche Erholung an, trotz der Zinserhöhungen, und macht Amerika damit zur globalen Ausnahme.
„Die US-Wirtschaft zeigt sich unerwartet stark, während der Rest der Welt entweder in einer Flaute steckt oder an Wachstumsdynamik verliert“, sagt Eswar Prasad, Senior Fellow bei der Brookings Institution.
Die überraschende Widerstandsfähigkeit des US-Marktes hat auch das Vertrauen in Mechanismen erschüttert, die lange als verlässliche Indikatoren für die künftige Wirtschaftsentwicklung galten. In den USA ging den letzten acht Rezessionen eine Umkehrung der Zinskurve voraus. Diesmal nicht: Die 10-jährigen Renditen liegen seit mehr als 200 Handelstagen unter den 3-Monats-Sätzen, aber eine Rezession lässt auf sich warten.
Die Rezessions-Alarmglocke des US-Anleihemarkts hat so lang geschwiegen wie nie in den vergangenen sechs Jahrzehnten. Selbst wenn ein Abschwung eintreten sollte, deutet das Versagen eines traditionell recht zuverlässigen Frühindikators darauf hin, dass Wirtschaftsexperten ihren Analyseansatz möglicherweise grundlegend überdenken müssen.
Noch unerwarteter als die jüngste Stärke der amerikanischen Wirtschaft ist die wirtschaftliche Abkühlung in China. Die Fundamentaldaten Chinas haben sich nach dem Ende der COVID-Maßnahmen verschlechtert. Das verunsichert viele Analysten, die mit einer kräftigen Erholung gerechnet hatten. Das Platzen der chinesischen Immobilienblase wird von einer ganzen Reihe weiterer Probleme begleitet, von Rezession im verarbeitenden Gewerbe bis zu Rekord-Jugendarbeitslosigkeit.
„In den vergangenen 20 Jahren gab es Momente, in denen China kräftig zu wachsen schien und die USA nur mühsam vorankamen“, sagt David Dollar, Senior Fellow an der Brookings Institution und ehemaliger Wirtschafts- und Finanzbeauftragter des US-Finanzministeriums für China. „Das Narrativ war das vom relativen Niedergang des Westens, einschließlich der USA. Das hört man jetzt nicht mehr. Der US-Wirtschaft geht es erstaunlich gut, und der chinesischen Wirtschaft geht es erstaunlich schlecht.“
Die Analysten lagen falsch: Den von ihnen prognostizierten Nachholbedarf gab es einfach nicht.
„Die Chinesen hatten eine ganze Menge Geld angespart, aber das war eine ganz bewusste Entscheidung, es auf die Bank zu tragen“, sagt Dollar. „Der Ausbau von Bankeinlagen ist jetzt ein wichtiger Trend. Er zeigt, was die Chinesen wollen – nämlich einen guten Teil ihres Einkommens auf die Seite legen, weil sie sich Sorgen machen über die unsichere Situation an den Kapitalmärkten. Es ist daher rational, viel Geld zu sparen, für den Fall, dass es einen weiteren Schock gibt.“
Obwohl klare Signale aus China nahelegen, dass das Land auf eine Japanisierung zusteuern könnte, verweist Dollar auf ausgeprägte Unterschiede, die auf eine alternative Entwicklung hindeuten.
„Die Immobilienblase in Japan war beispiellos – eine Weile war Tokio mehr wert als die gesamten USA – und China hat keine landesweite Blase in diesem Ausmaß zugelassen“, erklärt er.
Chinas Probleme liegen anders – und sind potenziell noch verheerender.
Neben der alternden Bevölkerung und der schrumpfenden Erwerbsbevölkerung ist auch der Rückgang der Nachfrage nach langlebigen Konsumgütern und der Investitionen des Privatsektors ein Anzeichen für dramatische Veränderungen. Sollten chinesische Haushalte und kleine Unternehmen weiterhin lieber liquide bleiben als illiquide Investments tätigen, wird das Wachstum weiter schwach bleiben. Dieser Trend wird ohne einen wesentlichen wirtschaftspolitischen Kurswechsel der chinesischen Regierung kaum zu korrigieren sein.
Investoren, die sich für einen rasanten Aufstieg Chinas positioniert hatten, müssen nun das genaue Gegenteil ins Kalkül ziehen: ein geschwächtes China, das vor der größten wirtschaftlichen Herausforderung seit Jahrzehnten steht. Gleichzeitig versuchen die USA, ihre Abhängigkeit von China zu verringern, was Chinas Wachstum zusätzlich belastet.
Die USA sind gegenüber China konfrontativer und restriktiver geworden. Die neue Politik der USA zielt nach eigenen Angaben nicht darauf ab, die chinesische Wirtschaft zu ruinieren, sondern die Verwundbarkeit der USA zu verringern. Dabei wollen die USA mit der sogenannten „Small Yard and High Fence“-Strategie den Einfluss Chinas auf wichtige Industriebranchen verringern.
Analyst Dollar hält Chinas Misstrauen und Skepsis gegenüber den Zielen der USA für gerechtfertigt.
„Die Bezeichnung „kleiner Garten, hoher Zaun“ passt nicht für eine Politik, die einen allgemeinen Zoll von 25 Prozent für rund die Hälfte unserer China-Importe vorsieht“, sagt Dollar. „Das ist mehr als nur ein kleiner Garten. Das geht weit raus in die Felder.“
Die Einführung von Zöllen und Subventionen während der Trump-Administration hat deutliche und messbare Auswirkungen. In den ersten sechs Monaten des Jahres haben die USA zum ersten Mal seit fast 20 Jahren mehr mit Mexiko und Kanada gehandelt als mit China.
„Chinas Exporte in die USA sind um 25 % zurückgegangen - das ist ein ziemlich großer Schock“, sagt Dollar.
Die Karte des Welthandels wird also neu gezeichnet – zumindest scheint es so. Wie so oft in dieser Ära der Unsicherheit stellt sich aber auch hier die Realität etwas anders dar. Das De-Risking ist in der Praxis nicht so erfolgreich, wie es auf den ersten Blick erscheint
„Wir leben in einer sehr komplexen Handelswelt mit vielen globalisierten Wertschöpfungsketten, bei denen der Produktionsprozess mehrfach über Grenzen verläuft“, erklärt Dollar. „Und ein Teil des scheinbaren Rückgangs im Handel zwischen den USA und China ist in Wirklichkeit nur eine Umstrukturierung der Lieferketten. Betrachtet man im Handel die Wertschöpfung, dann zeigt sich, dass es weniger ausmacht als es auf den ersten Blick scheint.“
Mit anderen Worten: Die Beziehungen zwischen den USA und China werden nicht gekappt, aber sie werden komplizierter und indirekter. Die USA mögen ihre Nachfrage von China zu bevorzugten Handelspartnern umleiten, aber die Produktion in diesen Ländern wird abhängiger von chinesischen Vorprodukten.
In Anbetracht dieser dynamischen Veränderungen sollten Anleger ihren Investmentansatz überdenken. Ein Perspektivwechsel könnte neue Chancen bringen, etwa in der Elektrofahrzeugbranche, die sich im zwischen den USA und China befindet. Acht chinesische Fahrzeughersteller haben allein im letzten Jahr in Mexiko investiert. Durch diesen Vorstoß Chinas in das südliche Nachbarland sind die Kfz-Importe aus China nach Mexiko zwischen 2020 und 2022 um 197 Prozent gestiegen.
„Selbst ohne die Vorteile des Freihandels zwischen den USA und Mexiko haben wir relativ niedrige Zölle auf Waren, die aus Mexiko eingeführt werden, so dass diese chinesischen Elektrofahrzeuge möglicherweise mit einem relativ geringen Zoll auf den US-Markt kommen könnten", erläutert Dollar. „China baut seine Beziehungen zu vielen anderen Ländern aus, die ihrerseits enge wirtschaftliche Beziehungen zu den USA unterhalten.“
Die weiterhin enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen USA und China bedeutet, dass jede Veränderung der Dynamik zwischen den beiden Ländern künftig noch größere Auswirkungen auf die Märkte haben wird; es steht immer mehr auf dem Spiel.
Michael Dicks, Chief Economist und Deputy Head of Research bei PGIM Wadhwani, empfiehlt Anlegern, sich nicht zu sehr auf historische Erfahrungen zu verlassen. Die heutige Welt ist von „Tail-Events“ geprägt. Das sind unerwartete Ereignisse, die dazu führen, dass Vermögenswerte um mehr als drei Standardabweichungen von ihrem aktuellen Preis differieren. In einem solchen Umfeld können es sich Anleger nicht einfach bequem machen.
„Beim Blick auf die Daten der Vergangenheit neigt man zu der Annahme, dass die Zukunft diese Daten fortsetzt“, erklärt Dicks. „Anleger sollten sich die Frage stellen, ob es in der Vergangenheit Situationen gegeben hat, in denen andere Werkzeuge erforderlich waren, um die Wahrscheinlichkeit solcher Tail Events einzuschätzen?“
Seiner Auffassung nach besteht eine Möglichkeit für die Handhabung dieser Unsicherheit darin, Anlagestrategien flexibel zu gestalten.
„Egal was passiert, welches Szenario auch immer eintritt, man kann schnell auf neue Umstände oder ein neues Umfeld reagieren“, sagt Dicks.
Doch Reagieren allein wird das Problem nicht lösen – Anleger müssen aktiv handeln und das Risiko im Vorfeld bekannter Ereignisse reduzieren, welche die Grundlagen unserer Annahmen noch weiter erschüttern könnten (z.B. Wahlen). Die große Zahl unvorhergesehener Ereignisse mit gewaltigen Auswirkungen auf Wirtschaft und Geopolitik zwingt dazu.
Diese Unvorhersehbarkeit bestimmt die neue Ära der Unsicherheit für Anleger. Es ist wichtiger denn je, bisherige Sichtweisen zu hinterfragen, Perspektiven zu ändern und sie auf den Kopf zu stellen. Erst dann können wir erkennen, wohin die Escher-Treppe tatsächlich führt.
VERKEHRTE WELT
GLOBALE WIRTSCHAFT
REPORT HERUNTERLADEN
In Zeiten beispielloser Risiken sehen wir die Chancen.
REPORT HERUNTERLADEN
Für die USA ist die Situation verwirrend; für China sehr gefährlich. Dies bedeutet große Unsicherheit nicht nur für diese beiden Länder, sondern für die ganze Welt.“
Eswar Prasad
Senior Fellow,
Brookings Institution
Die Analysten haben die Situation in China offensichtlich falsch eingeschätzt.“
Senior Fellow,
Brookings Institution
David Dollar
Die Welt verändert sich, und zwar grundlegender und dynamischer als in der Vergangenheit.“
Chief Economist and Deputy Head of Research, PGIM Wadhwani
michael dicks
In China besteht die Gefahr eines massiven Kapitalabflusses: Der wirtschaftliche Abschwung veranlasst die Anleger, ihr Geld ins Ausland zu verlagern.
How do investors navigate
a world in which up is down and down is up?
WORAN ORIENTIEREN SICH ANLEGER, IN EINER WELT, IN DER OBEN UNTEN IST UND UNTEN OBEN?
down
WORAN ORIENTIEREN SICH ANLEGER,
IN EINER WELT, IN DER OBEN UNTEN IST UND UNTEN OBEN?
down
Durch die Anstrengungen der USA zur Diversifizierung ihres Außenhandels ist der Anteil anderer Länder am US-Handel sprunghaft angestiegen. Der Anteil Chinas hingegen ist stark rückläufig.
Trotz der Bemühungen um Diversifizierung sind die USA weiterhin von chinesischen Importen abhängig. Diese Abhängigkeit ist nun jedoch indirekt.
Mehr als 75 % der US-Solarimporte kommen inzwischen aus Vietnam, Malaysia, Kambodscha und Thailand. Hinter den Kulissen jedoch ist China weiterhin ein entscheidender Lieferant von Maschinen und Komponenten, zum Beispiel von polykristallinem Silizium.
POLYKRISTALLINES SILIZIUM
SOLARPANEELE
Quelle: Bloomberg-Terminal,
Future Market Insights, July 2023
FÜHREN ALLE WEGE ZURÜCK NACH CHINA?
Anstieg der Importe/Exporte über fünf Jahre (2017-2022)
CHINA
USA
Veränderung des Anteils am US-Handel
(2017-2022)
DER WELTHANDEL
WANDELT SICH
Quelle: Bloomberg Terminal, September 2023
+41,5 %
MEXIKO
+16,7 %
THAILAND
INDIEN
+36,8 %
MALAYSIA
+7,1 %
VIETNAM
+92,9 %
CHINA
-22,1 %
CHINA
USA
Die hartnäckig hohe Inflation zwingt die US-Zentralbank Fed zu Zinserhöhungen
Die niedrigste Arbeitslosigkeit seit dem Zweiten Weltkrieg treibt Löhne in die Höhe
Der Verkauf von neu gebauten Häusern steigt auf den höchsten Stand seit über einem Jahr
Die Sparquote der Privathaushalte erreicht fast ein Rekordtief
Das Steigende Deflationsrisiko macht Konjunkturmaßnahmen dringlicher
Die Jugendarbeitslosigkeit erreicht Rekordhöhe;
Der Verkauf neuer Häuser verzeichnet den stärksten monatlichen Rückgang seit einem Jahr
Die Sparquote der Privathaushalte schießt in die Höhe, Konsumausgaben stagnieren
Quelle: Bloomberg, September 2023
Die USA und China erleben in der Phase nach der Pandemie eine völlig unterschiedliche wirtschaftliche Dynamik.
DIVERGIERENDE TRENDS
DROHT CHINA DAS SCHICKSAL JAPANS?
Die Entwicklung weckt Sorgen, dass China in eine Liquiditätsfalle geraten könnte, ähnlich wie Japan am Ende des 20. Jahrhunderts.
Haushaltsverschuldung
Schulden im Verhältnis zum BIP
Geburtenrate
Jugendarbeitslosigkeit
Inflation
Sinkt, stabil im Rest der Welt
Spitzenwert bei 10,1%
Fällt auf Rekordtief: 1,26
Steigt auf 145%
Anstieg von 26% auf über 60% des BIP in weniger als zwei Jahrzehnten
Abkühlung, während der Rest der Welt gegen steigende Preise kämpft
Steigt auf 21,3%
Fällt auf ein Rekordtief: 1,09
Steigt auf Rekordhoch: 281,5%
Anstieg von 28% auf über 62% des BIP innerhalb eines Jahrzehnts
CHINA
2010—2023
1971—2005
JAPAN
Bloomberg, IMF, Population Reference Bureau, National Business Daily, National Bureau of Statistics, The Japan Times
IMPORTS FROM CHINA
EXPORTS TO US
USA UND CHINA
DAS NEUE PARADIGMA
SCROLLEN
IMPORTE AUS CHINA
EXPORTE IN DIE USA
+102,4 % +59,3 % +64,3 % +42,2 % +60 %
+174,3 % +88,3 % +46,4 % +76,2 % +44,9 %
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USA UND CHINA